Drehergewebe aus 100K Carbonfasern mit zwei Dreherfäden
ITM/TU Dresden

Heavy Leno: Ondulationsfreie Verstärkungsgewebe mit einstellbarer Strukturdichte für Verbundwerkstoffe

Die Situation

Gegenwärtig setzen zahlreiche umsatzstarke Industriebranchen, wie Windkraft-, Anlagen- und Automobilindustrie, carbonfaserverstärkte Kunststoffe in sehr unterschiedlichem Umfang ein. Zunehmend wird das textile Halbzeug mittels der Näh-Wirktechnik hergestellt. Dieses Verfahren bietet eine hohe Produktivität und ermöglicht eine ondulations- bzw. crimp freie Verarbeitung der Carbonfaser zu einem flächigen textilen Halbzeug. Die Näh-Wirktechnik ist jedoch aufgrund von vergleichsweise hohen Investitions-, Rüst- und Personalkosten weniger für kleine oder mittlere Losgrößen geeignet. Ein Flächenbildungsverfahren, welches die Verarbeitung von groben Hochleistungsfaserstoffen kosteneffizient für kleine und mittlere Losgrößen ermöglicht, ist das klassische Webverfahren. Gewebe weisen jedoch strukturbedingte Verkreuzungen zwischen Kett- und Schussfadensystem auf. Diese Verkreuzungen reduzieren die Ausnutzung der Fasersubstanzfestigkeit im Verbundwerkstoff. Die Dreherwebtechnik bietet prinzipiell die Möglichkeit Kett- und Schussfadensystem durch die Verwendung eines zusätzlichen Kettfadensystems (Dreherfaden) ohne Verkreuzung zu einem flächigem textilen Halbzeug zu verarbeiten. Die Grenzen marktverfügbarer Dreherwebmaschinen liegen allerdings bei der Verarbeitung von groben Hochleistungsfaserstoffen, insbesondere querkraftempfindliche und bändchenförmige Carbonfaser Heavy Tows lassen sich auf Dreherwebmaschinen nicht prozesssicher und nur unter hoher Faserschädigung verarbeiten.

Das Projekt

Die Grundlage für das Gelingen dieses vom BMWi geförderten Forschungsprojektes bildete die erfolgreiche technologisch/konstruktive Modifikation der Arbeitsstelle einer EeasyLeno® 2T-Dreherwebmaschine der Firma Lindauer DORNIER GmbH. Die modifizierte Dreherwebmaschine ermöglicht somit erstmals die prozesssichere Verarbeitung von groben Hochleistungsfaserstoffen zu anforderungsgerechten Drehergeweben. Da die Steherfäden während des gesamten Flächenbildungsvorgangs nicht ausgelenkt werden, wie dies beispielsweise bei dem klassischen Webverfahren zur Fachbildung notwendig ist, können weitaus höhere Maschinengeschwindigkeiten realisiert werden. Die Produktionsleistung ist dadurch lediglich durch die Zuführung des Schussmaterials begrenzt. Die für Drehergewebe typische Ondulation des Steherfadensystems konnte durch eine geeignete Einstellung der Zugkräfte, die während der Verarbeitung auf das Steher- und Dreherfadensysteme wirken, minimiert werden, sodass eine gestreckte Lage des Steherfadensystems erreicht wurde. Durch den Einsatz einer Webmaschine mit einem OpenReedWeaving-Modul war es möglich, das Portfolio der webtechnisch realisierbaren Drehergewebestrukturen deutlich zu vergrößern. Die Verwendung eines Epoxidharz-löslichen Dreherfadensystems ermöglichte zudem ein Auffächern des Steherfadens im Verbund, so dass eine verringerte Schichtdicke und eine Minimierung der verfahrensbedingt vorhandenen Gassen zwischen benachbarten Steherfäden möglich sind. Die erfolgreiche Generierung eines repräsentativen Volumenelementes zur nummerischen Simulation der Drehergewebe offeriert eine schnelle anwendungsspezifische Optimierung der Drehergewebestruktur. Es wurden unter anderem Drehergewebe mit einer Steherfadendichte von zwei Carbonfasern (3.300 tex, 50 K) pro cm sowie gefachte Carbonfasern mit einer Feinheit von 6.600 tex (100K) prozesssicher gefertigt.

Der Nutzen für den Mittelstand

Die Forschungsergebnisse ermöglichen eine Erweiterung des realisierbaren Produktportfolios für textile Verstärkungsstrukturen von Verbundwerkstoffen und erhöhen damit die Wettbewerbsfähigkeit für technische Webereien

Ansprechpartner

Daniel Weise
daniel.weise@tu-dresden.de
+49 351 463 34693

Fördergeber

Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 17493 BR.